SECTIO MEDIALIS

Hokusai und die Linguistik

Mit einem wilden Mix aus Naturkatastrophen, seichter Linguistik und Ukyo-e Kunst meldete sich am 04.09. die Main-Post mit Ihrem Beitrag zur Hokusai-Ausstellung in Berlin zu Wort. Roland Mischke von der Main-Post faselt über Hokusai und stellt beiläufig fest:

So entstand auch sein (Anm. v. mir: Hokusais) Tsunami-Bild von 1831, „Unter der Welle im Meer vor Kanagawa“ betitelt, das weltweit wohl bekannteste japanische Kunstwerk überhaupt. Eine Bezeichnung, die bei seinen Landsleuten gerade noch so durchgeht. Tsunami ist ein Begriff der japanischen Sprache und heißt verharmlost „Hafenwelle“. Der Berliner Martin-Gropius-Bau zeigt noch bis zum 24. Oktober eine Retrospektive mit Werken des japanischen Großkünstlers, auch mit Bildern, die noch nie in Deutschland zu sehen waren.

Im Land der aufgehenden Sonne gibt es kein Wort für die mörderische Wucht meterhoher Wellenwände, überhaupt kaum Begriffe für Katastrophen. Die Mentalität verlangt, auch das Brutale der Natur zu verharmlosen.

(Hervorhebung durch mich)

Es geht dabei um Hokusais bekanntes Werk Kanagawa Oki Nami Ura aus der Serie “36 Ansichten des Fuji”

Wie Mischke darauf kommt Tsunami bzw. “Hafenwelle” sei in irgend einer Weise verharmlosend gemeint bleibt ein Rätsel. Insbesondere aber ist der Hinweis, es gäbe in Japan kaum Begriffe für (Natur-)Katastrophen ist Quatsch in Reinform. Hätte Herr Mischke hier einmal ein deutsch-japanisches Wörterbuch (gibts online z.b. bei www.wadoku.de) bemüht, hätte er schnell festgestellt, dass sich mindestens genau so viele Begriffe für alle möglichen Katastrophen im Japanischen finden lassen wie im Deutschen. Dazu habe ich einmal mit Hilfe diverser Quellen (wadoku, Kanji-Wörterbuch, Statistiken zu Naturkatastrophen weltweit und in Japan etc.) folgende Illustration zusammengestellt.

Oh Wunder, es gab zu jedem deutschen Wort ein japanisches Pendant. Manchmal benutzen wir sogar das Japanische im Deutschen wie im Falle des “Taifun” Als Bonus-Info beschreibt die Größe der Kreise übrigens die Häufigkeit der Naturkatastrophen in Japan. Die Top3 sind also der Taifun (taifû), das Erdbeben (jishin) und das Hochwasser (kôzui).

Ob hier nur mal jemand die Stereotypen-Keule schwingen wollte (weil Japaner immer alles verharmlosen?) oder linguistisches Geheimwissen angehäuft hat, ich weiss es nicht – können Sie mich (mit einem Kommentar zum Artikel) erleuchten lieber Herr Mischke? Alle anderen sind natürlich auch zum regen Kommentieren eingeladen!

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